buy@amazon

Verena Appenzeller,
Wenn Götter grollen

- die letzten Tage von Santorin

Books on Demand, 2003 (2. Auflage) [@bod, @amazon]

Der Held des 178 Seiten kurzen Romans ist Kamaros, der in der Bronzezeit auf Santorin/Thera aufwächst, nach seiner Initiation am sechzehnten Geburtstag auf einer Reise nach Kreta einen jungen Maler zum Freund gewinnt, welcher mit ihm nach Thera fährt und dort etliche der berühmten Fresken malt. Nach heftigen Erdbeben wird Thera evakuiert, Kamaros bleibt als Einziger auf der Insel zurück, erlebt den Ausbruch des Vulkans aus nächster Nähe und wird schließlich gerettet.

Verena Appenzeller (eine pensionierte Schweizer Gymnasiallehrerin, über die man bei bod ein wenig erfährt) hat den Roman gegenüber der ersten Ausgabe in mancherlei Hinsicht überarbeitet und gestrafft. Ihrem Grundkonzept ist sie dabei treu geblieben: Sie macht die Menschen ihres Romans dadurch greifbar, dass sie sie agieren lässt wie in einem Schweizer Bergdorf des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.

Dazu trägt ihr Sprachstil bei, der seine alemannischen Wurzeln ganz bewusst zu erkennen gibt und ihrer Geschichte etwas von einem Heimatroman gibt. Ihr Anliegen ist ganz offenbar, Vertrautheit mit ihren Figuren herzustellen, nicht Fremdheit: die Inselbewohner von Santorin sind ein "lustiges Völkchen", und "keck" ist eins der am häufigsten verwendeten Adjektive. Der Text würde sicher noch an Charme gewinnen, wenn Verena Appenzeller ihn vorlesen würde.

Das macht den Roman leicht lesbar, macht die Romanfiguren verständlich und vertraut, gibt der Geschichte aber auch etwas niedliches und harmloses.

Dazu gehört, dass die Autorin sich wenig um Anachronismen kümmert: Akrotiri ist im Roman nicht, wie der archäologische Befund nahelegt, eine für damalige Verhältnisse große und reiche Weltstadt, sondern ein wohlhabendes Bergbauerndorf. Die Goldmünzen der ersten Auflage sind zwar durch Goldstückchen ersetzt worden, aber für die Andersartigkeit bronzezeitlicher Ökonomie ist in diesem Kontext (zu Recht) kein Platz.

Ich habe an einigen Stellen des Romans über solche Freiheiten geschmunzelt, etwa wenn der Lehrer Takis, der den baldigen Untergang prophezeit, als "Kassandra der Insel" bezeichnet wird (s.97).

Bewertung: Ein kleiner, gut angelegter Roman, der nicht versucht, bis in Einzelheiten historisch korrekt zu sein, und dem es gelingt, die Menschen von vor 3600 Jahren nahezubringen - vielleicht zu nahe. Die Neuauflage hat dem Buch jedenfalls gut getan.

An deinem Feedback bin ich sehr interessiert:

Zur Vermeidung von Spam hier bitte Code eingeben:

Die Besprechung war für mich nützlich:
sehr ziemlich geht so kaum
Was ich noch sagen wollte:

Meine Email Adresse (optional):