Judith Hand, Voice of the Goddess
An Epic of the Minoan Civilization
Pacific Rim Press, 1999
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Von den Romanen, die ich bislang über das minoische Kreta gelesen habe, hat dieser
mir in zweierlei Hinsicht am besten gefallen:
- Die Autorin schildert das Leben der Minoer sehr kenntnisreich und in einer
für mich glaubwürdigen bunten Vielfalt. Damit unterscheidet sich ihr
Buch wohltuend von den meisten anderen Romanen in dieser Sammlung (wie zum Beispiel
Riebe), bei denen die Helden immer ein wenig im leeren
Raum zu agieren scheinen, weil die Welt um sie herum nicht wirklich plastisch wird.
Auffallend ist das Bemühen der Autorin, die Authentizität der Romankulisse herauszuarbeiten,
was durch Vorwort und abschliessenden Kommentar noch unterstrichen wird.
Dies gelingt ihr recht überzeugend, wenngleich sie sich und uns die etwas dünne
Rahmenhandlung hätte sparen können,
in der sie als englische Antiquarin J. Rosebrook Evans auftritt, die angeblich die
3500 Jahre alten Aufzeichnungen der Leesandra entziffert hat.
- Auch die eigentliche Romanhandlung - eine Liebesgeschichte - ist schön zu lesen. Die Heldin
Leesandra und der Held Alektrion werden in abwechselnen Kapiteln beschrieben und
finden, nachdem sie als Heranwachsende getrennt wurden, nach langen Wirren endlich
wieder zueinander. Auch in dieser Beziehung ist der Roman weiter von Kitsch entfernt
als mancher andere, bei dem die handelnden Figuren nur schemenhafte Verkörperungen
genereller Vorurteile der damaligen Zeit bleiben.
Natürlich ist auch diese Romanhandlung ganz auf den Untergang
der minoischen Kultur hin geschrieben, mit Santorin-Eruption, feindlicher Übernahme
durch die Achäer und Zerstörung der matriarchalischen Kultur. Das halte ich für die
einzige Schwachstelle des Buches, aber dieser Versuchung unterliegen wohl alle,
die das minoische Kreta zum Gegenstand ihrer Schriftstellerei machen.
Dass Judith Hand nach dem Erfolg ihres Romans dazu übergegangen ist, eine sehr
zweifelhafte allgemeine
Theorie über die biologische Friedfertigkeit der Frauen und Kriegslust der
Männer zu entwickeln, die sie auf ihrer
Homepage und in Vorträgen abfeiert,
ist für mich zwar nicht nachvollziehbar, aber das tut der Qualität ihres Buches
keinen Abbruch.
Bewertung: Sehr gut als Roman, der die Welt der alten Minoer detailgetreu
lebendig werden lässt. Leider ziemlich teuer und nur aus den USA
zu bekommen.
©Hajo v. Kracht, 2. April 2004
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