Für den wissenschaftlichen Laien hat die Besichtigung der alten bronzezeitlichen Funde und Fundstätten leicht etwas Enttäuschendes: Wenn wir nicht im Voraus wüssten, was uns die Trümmer sagen sollen, würden wir gar nicht erkennen, was wir sehen. Dies umso mehr, wenn die Ausgrabungsstätte wie im Fall Akrotiri mit Gerüsten, Isolierschaummatten, anderen Touristen und Bauarbeitern vollgestopft ist, wenn die Funde sich auf mehrere Museen verteilen oder wenn die Restaurierungen so heftig sind, dass man als naiver Betrachter beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen kann, wie sich aus den kärglichen Bruchstücken genau dieses und kein anderes Bild rekonstruieren lässt.
In dieser Situation ist das Büchlein von Nanno Marinatos, der Tochter des ersten Ausgräbers von Akrotiri, das sich an den Strandkiosken von Santorin zwischen Reiseführern und griechischen Kochbüchern findet, sehr hilfreich.
Sie präsentiert die in Akrotiri gefundenen Fresken nicht nur mit schönen Abbildungen, sondern auch mit Faltbeilagen, in denen sie versucht, der Sache einen Sinn zu geben. Sie betrachtet die räumliche Anordnung der Fundstücke, ihre vermutliche Nutzung, und kommt zu dem Schluss, dass sie religiöse Feste und Rituale beschreiben, die das Selbstverständnis einer stark an der Ordnung der Natur ausgerichteten theokratischen Gesellschaft wiedergeben.
Zwar wundere ich mich ein wenig, wenn ich mir vorstellen soll, dass jedes der bislang ausgegrabenen Gebäude ein Heiligtum enthalten haben soll - Wo haben die Leute dann eigentlich ihre profanen Verrichtungen erledigt? - aber insgesamt scheint mir ihre Darstellung sehr gut informiert und schlüssig.
Bewertung: Das Buch ist schon ein paar Jahre alt, aber es hilft, die Steine zum Sprechen zu bringen und ich kann es jedem sehr empfehlen, der die Ausgrabungsstätte von Aktoriti und das paläontologische Museum in Fira besichtigen will. ©Hajo v. Kracht, 17. Oktober 2003
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