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Brinna Otto, König Minos und sein Volk

Das Leben im alten Kreta

Artemis & Winkler, 1997 [@amazon]

Brinna Otto ist Archäologieprofessorin in Innsbruck und vertritt in ihrem Buch einen sehr eigenwilligen "österreichischen" Standpunkt zur Geschichte Kretas.

Zunächst benennt sie die geschichtlichen Perioden um. Was üblicherweise minoisch genannt wird, ist bei ihr die vorminoische Epoche, und minoisch ist bei ihr nur die Zeit zwischen 1328 v.Chr. und 1200 v.Chr., in der die meisten kretischen Paläste bereits zerfallen sind. Begründung: Die Gestalt des König Minos in der griechischen Sage war - und da hat sie sicher Recht - Repräsentant des achäischen, des griechischen Kreta.

Nun befassen sich ganze 17 Seiten ihres 430 Seiten starken Textes ausdrücklich mit dieser Zeit; der Rest beschreibt das, was sie die vorminoische Zeit nennt, und es blieb mir rätselhaft, wieso sie einen so irreführenden Buchtitel gewählt hat.

Hauptanliegen des Buches ist die Untersuchung der religiösen Vorstellungen des alten Kreta. Seine These ist, dass die Gottesvorstellungen der zeitgleichen Zivilisationen in Vorderasien und Ägypten weitgehend übernommen wurden und Ba'al und andere sich auf Kreta mehr oder weniger unverändert wiederfinden. Da alle vorderasiatischen und ägyptischen Zivilisationen die eine oder andere Form von Gott-Königtum kannten, schließt die Autorin, dass das dann auch für Kreta gelten müsse.

Sie ist so stark von ihrer These überzeugt, dass sie Belege dafür beibringt, die teilweise weniger als evident sind. Obwohl ich wenig verstehe von den Göttern der verschiedenen vorderasiatischen Stadtstaaten dieser Zeit und ihrer Argumentation in diesen Punkten nicht anders als folgen kann, fällt mir auf, dass sie an verschiedenen Stellen archäologische Befunde als Belege ihrer Thesen vorträgt, wo ich zumindest weiß, dass ernsthafte widersprechende Interpretationen oder neuere Funde existieren, die sie einfach mit Schweigen übergeht.

Beim zweiten Nachlesen fiel mir der letzte Satz ihres Vorworts auf, den ich beim erstenmal wohl nicht ernst genug genommen habe: "Wo keine Übereinstimmung mit dem heutigen Forschungsstand erreicht werden konnte, treten eigene Argumentation und Auffassung in den Vordergrund, um die Diskussion anzuregen und die Suche nach der historischen Wahrheit zu beleben."

Bewertung: Wer originelle Anregungen sucht, in welcher Weise religiöse Vorstellungen verschiedener bronzezeitlicher Kulturen miteinander verwoben sein könnten, erhält sie in diesem Buch in Fülle. Wer Erkenntnisse über das Leben im alten Kreta erwerben möchte sollte dieses Buch sehr kritisch lesen.

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