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Vince and Sandra Peddle, The Moon Maiden

The Bull Dancers Trilogy - Book One

Blackie & Co Publishers, 2003 [@amazon]

Wie sind die alten griechischen Mythen entstanden? Eine Theorie sagt, dass echte Geschehnisse im Lauf der Zeit verfälscht wurden und den Göttern und Heroen der Sage einst wirkliche Akteure zugrunde lagen. Man kann den Gedanken umkehren und sich Geschichten ausdenken, die Ausgangspunkt für die uns heute bekannten Mythen sein könnten. Je mehr man glaubt, dass die Geschichten verändert wurden (die Verwandlung eines Gottes in eine Hexe in einen Menschen und umgekeht stellt ja keine geringe Veränderung dar), desto größer ist die dichterische Freiheit dessen, der sich die projektierte Urfassung ausdenkt: Leicht kann ein heroischer Übermensch ursprünglich ein arger Dämlack gewesen sein.

Das Ehepaar Peddle scheint sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, das gesamte Repertoire des Minos-Zyklus mit Akteuren des alleruntersten Niveaus zu besetzen. Kurz zusammengefasst: Eine heulselige Mutter namens Aphrodite wird mit ihren drei Söhnen, einem mädchenschändenden Sarpedon und einem aggressiven Vollidioten Rhadamanthys, sowie einem ziemlich nichtssagenden jungen Thasos aus ihrem Heimatort Patras hinausgeworfen und in einem ruderlosen Boot im Meer ausgesetzt. Nach dem Lesen des ersten Drittels des Buches haben die Bürger von Patras dafür mein grösstes Verständnis. Denn die vier werden gerettet von unendlich altruistischen aber genauso beknackten Bewohnern von Knossos: Ein trotteliger Priester Klawiphoros und ein umnachteter Pseudo-König Asterios, die sich Seite für Seite in quälend blöden Dialogen von ihren Gästen auf der Nase herumtanzen lassen.

Das Buch gewinnt etwas an Fahrt, als der Fokus auf den jungen Thasos übergeht, der später natürlich zu Minos wird. Er verlässt Knossos und treibt es in den Wäldern von Kreta mit Britomartis, einer weiblichen Gestalt, die Natur und ungezügelte Leidenschaft verkörpert. Aber auch Thasos ist nicht viel besser als seine nichtsnutzigen Brüder: Pausenlos zerfließt er vor Selbstmitleid und ist einfach nur bescheuert.

Ich fand es sehr anstrengend, das Buch bis zum Ende zu lesen; die Autoren schaffen es tatsächlich, ihren grauenvollen Stil bis zur letzten Seite durchzuhalten; vielleicht gibt es da einen tief versteckten britischen Humor à la Monty Python, der an mir vorbeigegangen ist; die Ankündigung, dass es noch zwei weitere Bücher dieser Reihe geben wird, finde ich eher beängstigend.

[Im Buch wird eine Internetadresse angegeben für weitere Information über den Hintergrund des Romans. Wenn man diese Adresse anklickt, landet man (heute, 12.10.2005) auf einer dubiosen Webeseite, die private Krankenversicherungen bewirbt.]

Bewertung: Von allen Romanen über das minoische Kreta war das bislang der für mich am anstrengendste zu lesen. Nicht etwa weil er zu anspruchsvoll war, sondern weil ich ständig an meine Schmerzgrenze stieß.

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