Guttandin, Panagiotopoulos, Pflug, Plath, Inseln der Winde

Die maritime Kultur der bronzezeitlichen Ägäis

Von November 2010 bis Juli 2011 zeigte das Institut für klassische Archäologie in Heidelberg eine Ausstellung zur "maritimen Kultur der bronzezeitlichen Ägäis". Zu sehen waren Rekonstruktionen ägäischer und minoischer Schiffe und Hafenanlagen, begleitet von breit gefächerten Darstellungen des Kontexts und der Hintergründe. Wer diese Ausstellung (wie ich) leider verpasst hat, dem kann ich vorbehaltlos den Katalog empfehlen.

In Wahrheit ist das etwa einen Kilogramm schwere Werk im A4-Querformat weniger ein Ausstellungskatalog als ein vollwertiges, reich bebildertes Buch, das durch zwei besondere Merkmale hervorsticht:

1. Es behandelt in großer Ausführlichkeit den geologischen, meteorologischen, botanischen Kontext von Schiffbau und Seefahrt jener Zeit (welche Meeresströmungen, welche Windrichtungen, welche möglichen Baumsorten waren geeignet und wo wuchsen die), immer belegt von eindrucksvollem Kartenmaterial
2. Es legt größten Wert darauf, alle behandelten Themen anschaulich zu machen. Dies geschieht mit einer Fülle von Bildmaterial und Modellen, geht aber so weit, dass z.B. in einem 9-Punkte Szenario genau beschrieben wird, was ich tun muss - gesetzt den Fall, ich sei minoischer Fernhandelstreibender - um mein Schiff für die Reise flott zu machen.

Trotz der unbestreitbaren Qualität des Bandes möchte ich zwei Punkte erwähnen, wo es Schwächen zeigt:

• Vielleicht ist es dem Medium der Ausstellung inhärent, wissenschaftliche Aussagen so darzustellen als seien sie Tatsachen. In Wirklichkeit sind viele davon - auch die gebauten Modelle - Hypothesen. Das geht leider ein wenig verloren.
• Im Vergleich zu Wachsmann, der weniger anschaulich ist, aber tiefer schürft, wird der Kontext zum Schiffbau anderer Kulturen der gleichen Epoche (in Ägypten, der Levante) weder gezeigt noch zur Erklärung hinzugezogen, dabei ist anzunehmen, dass es über das ganze östliche Mittelmeer enge Kontakte gegeben hat.